Die Einbettung des österreichischen Außenhandels in die globale Arbeitsteilung

Weyerstrass, KlausORCID: https://orcid.org/0000-0002-5659-8991; Ertl, MartinORCID: https://orcid.org/0009-0000-2001-2007; Schmidtner, DanielORCID: https://orcid.org/0009-0009-9338-9628; Wende, AdrianORCID: https://orcid.org/0000-0003-1886-9014 and Zenz, HannesORCID: https://orcid.org/0000-0003-2803-5208 (September 2025) Die Einbettung des österreichischen Außenhandels in die globale Arbeitsteilung. [Research Report] 146 p.

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Abstract

Für Österreich als kleine offene Volkswirtschaft, die stark in die globalen Lieferketten eingebunden ist, ist der Außenhandel zentral für Wohlstand und Beschäftigung. Der Handel mit Drittstaaten, also Staaten außerhalb der Europäischen Union, wird immer wichtiger. So ist seit dem EU-Beitritt im Jahr 1995 der Anteil der Drittstaaten an Österreichs Warenhandel von etwa 1/4 auf rund 1/3 gestiegen. Die genannten Wertebeziehen sich auf die unmittelbaren Lieferbeziehungen. Die OECD stellt auch Daten zum Handel in Wertschöpfung bereit, wobei berücksichtigt wird, dass für die Produktion der für den Export bestimmten Waren importierte Vorleistungen benötigt werden. Auf der Ausfuhrseite ist zu beachten, dass es sich bei einem großen Teil der von Österreich gelieferten Waren um Zwischenprodukte handelt, die vor allem von der deutschen Industrie für die Produktion weiterer Exportwaren benötigt werden. Bei dieser Berechnung verringert sich der Anteil der anderen EU-Mitgliedsländer an Österreichs Exporten auf rund 53 % und somit steigt der Anteil der Drittstaaten auf etwa 47 %.
In Österreichs Exporten sind rund 70 % heimische Wertschöpfung enthalten. Die verbleibenden 30 % entfallen auf importierte Vorleistungen, wovon etwa 12 % auf Einfuhren aus Drittstaaten zurückgehen. Damit enthalten Österreichs Ausfuhren im Vergleich etwa mit Deutschland und der Schweiz weniger heimische Wertschöpfung. Der Anteil der Drittstaaten an den Exporten Österreichs ist etwas niedriger als bei Deutschland, aber größer als bei der Schweiz. Rund 17 % der österreichischen Wertschöpfung gehen auf Nachfrage aus Ländern außerhalb der EU zurück, während auf die EU n rund 19 % entfallen. Deutschland und - erwartungsgemäß - das Nicht-EU-Land Schweiz sind noch stärker von der Nachfrage aus Drittstaaten abhängig. Der Inlandsmarkt ist für das große EU-Mitgliedsland Deutschland wichtiger, für die Schweiz hingegen weniger wichtig als für Österreich.
Die bedeutendsten Warengruppen im Export in Drittstaaten sind Maschinen, gefolgt von pharmazeutischen Erzeugnissen – deren Anteil in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat – sowie Kraftfahrzeug(-teile). Analysen von Marktanteilen Österreichs in Drittländern sowie offenbarten komparativen Vorteilen legen nahe, dass Österreich unter anderem bei Getränken und Krafträdern sowie bei Hebezeugen und Fördermitteln im Maschinensektor in einer guten Position ist.
Aus der globalen Vernetzung erwachsen Risiken durch Unterbrechungen der weltweiten Lieferketten. Auf der Exportseite zeigen die Daten für Österreich, dass rund ein Viertel der österreichischen Produktion betroffen ist, wenn es auf den Exportmärkten zu Störungen kommt. Unter den Wirtschaftsbereichen ist der Bergbau besonders stark von Märkten außerhalb der EU abhängig. Für das Verarbeitende Gewerbe beläuft sich bei diesem Indikator die Abhängigkeit von Drittstaaten auf knapp ein Fünftel. Auf der Einfuhrseite ergeben sich durch direkte und indirekte Verflechtungen Risiken bei der Versorgung mit Vor- und Zwischenprodukten, wenn es zu Unterbrechungen der globalen Lieferketten kommt. Hier sind das Verarbeitende Gewerbe insgesamt und die Elektrizitätsversorgung sowie innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes der Bereich Kokerei und Mineralölverarbeitung besonders stark von Drittstaaten abhängig.
Detaillierte Analysen mit Unternehmensdaten aus dem Austrian Micro Data Center (AMDC) zeigen, dass der Anteil der Unternehmen, die Forschung und Entwicklung (F&E) betreiben, unter Exportunternehmen deutlich höher als in der Grundgesamtheit der Unternehmen. Dies gilt auch für Unternehmen, die aus Drittländern importieren, sowie für Unternehmen, die sowohl in Drittländer exportieren als auch von dort importieren. Unternehmen, die auf Drittmärkten aktiv sind und F&E betreiben, weisen im Durchschnitt einen höheren Umsatz, mehr Beschäftigte und eine höhere Arbeitsproduktivität auf.
Die Analysen auf Basis der Unternehmensdaten liefern Hinweise darauf, dass insbesondere global tätige Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes, die sowohl im Export als auch im Import von Waren aktiv sind, statistisch signifikante und besonders hohe Produktivitätsprämien aufweisen. So haben Unternehmen, die in Drittstaaten exportieren (und aus Drittländern importieren), eine um knapp 13 % höhere Wertschöpfung pro Beschäftigten und zahlen um rund 8 % höhere Löhne und Gehälter als Unternehmen, die nur im Inland aktiv sind.
Die Verknüpfung von Unternehmens- und Beschäftigtendaten aus der Mikrodatenbank zeigt, dass vor allem höher qualifizierte Beschäftigte in Unternehmen tendenziell stärker vertreten sind, je größer deren Exportorientierung ist. Im Gegensatz dazu sind in solchen Unternehmen weniger Beschäftigte mit Lehrabschluss beschäftigt. Noch stärker fällt das auf, wenn man speziell Unternehmen mit Exporten in Drittstaaten betrachtet.
Der Außenhandel mit Ländern innerhalb der EU bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) unterscheidet sich hinsichtlich der Barrieren und Risiken grundlegend vom Handel innerhalb des EWR. Dem EWR gehören zusätzlich zu den 27 EU-Mitgliedstaaten Norwegen, Island und Liechtenstein an. Beim Warenhandel mit Drittstaaten bestehen oft Zölle und nichttarifäre Handelshemmnisse, wie unterschiedliche Standards und Normen, die teure Zulassungsverfahren bedingen. Wie die Erfahrung seit Anfang 2025 zeigt, können erratische und kräftige Änderungen von Zöllen die wirtschaftliche Entwicklung stark beeinflussen. Im Handel mit Drittstaaten können zudem strategische Abhängigkeiten bestehen, vor allem bei der Einfuhr wichtiger Rohstoffe. Für die EU ist dies insbesondere im Handel mit China relevant. Zudem haben europäische Exporteure gegenüber China an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt. Im Handel außerhalb des Euroraums sind Exporte und Importe außerdem Wechselkursrisiken ausgesetzt. Eine dynamische Clusteranalyse zeigt, dass im Maschinenbau viele Unternehmen Waren exportieren, die stark von Wechselkursänderungen betroffen sind, während Konsumgüterunternehmen eher weniger sensible Produkte exportieren. Exportorientierte und produktive Unternehmen exportieren tendenziell Waren, deren Export stärker auf Wechselkursänderungen reagiert. Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass sie Wechselkursänderungen durch Handelsumlenkung im Rahmen internationaler Diversifikation abfedern, könnte aber auch auf eine besondere Wechselkursanfälligkeit dieser Unternehmen hinweisen.
Eine Analyse der Exportpotenziale kommt zu dem Ergebnis, dass sich Österreichs Unternehmen insbesondere in den USA und in Asien Absatzmöglichkeiten eröffnen könnten. Dies ist vor dem Hintergrund problematisch, dass gerade diese Regionen von Handelskonflikten und geostrategischen Risiken betroffen sind. In den USA ist der Einfuhrzollsatz gegenwärtig so hoch wie noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg und zugleich herrscht eine erhebliche handelspolitische Unsicherheit. In China schwächelt der Inlandsmarkt, und die Regierung verfolgt das Ziel Förderung technologischer Innovationsfähigkeit, sodass chinesische Unternehmen an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen und somit auch österreichischen Exporteuren auf den Weltmärkten immer stärker Konkurrenz machen.

Item Type: Research Report
Keywords: Außenhandel, Drittstaaten, Wertschöpfungshandel, Handelspolitik, Wechselkursrisiken, Exportpotenziale
Funders: Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus
Research Units: Business Cycles, Growth and Public Finances
Date Deposited: 02 Oct 2025 12:23
Last Modified: 23 Oct 2025 06:28
URI: https://irihs.ihs.ac.at/id/eprint/7307

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